#mypillstory - Ich habe es satt!
Gewiss haben viele unter euch – vor allem die Frauen –
schon das viel umstrittene Thema der Antibabypille mitbekommen, wo sich jetzt
immer mehr Frauen zu Wort melden und mit dem Hashtag #mypillstory erzählen, was
die Pille mit ihnen macht oder gemacht hat. Sie erzählen von ihren schlimmen
Erfahrungen und wie es ihnen nach dem Absetzen der Pille nun geht. Es fallen
die Wörter Depressionen, Angstzustände, Müdigkeit, Lustlosigkeit, Suizid,
Trauer, Panikattacken, Migräne, Schlaflosigkeit, Erschöpfung,
Unentschlossenheit, Stimmungsschwankungen, Wassereinlagerungen, Gewichtszu-
oder abnahme und und und! Wie ihr sehen könnt, gibt es einige Symptome, die
durch die Antibabypille hervorgerufen oder verstärkt werden.
Quelle: Twitter |
Es
ist für mich selbst zuerst etwas schwierig gewesen, ein Thema wie dieses
aufzugreifen, da es doch immer wieder gerne in die Schiene „Tabuthema“ rutscht.
Mittlerweile ist man hier schon etwas lockerer geworden so und auch ich habe
beschlossen, nicht mehr zu schweigen und zu verbergen, was so eine Pille mit
einem macht und warum ich sie „aufgebe“. Denn ich habe die Schnauze voll! Ja,
ganz ehrlich, ich habe es satt, nicht selbst über meinen Körper bestimmen zu
können. Was ich an den #mypillstory auch gut finde, ist, dass auch Männer
sehen, wie schwer wir uns doch manchmal tun und warum wir manchmal so sind, wie
wir sind. Dass es für uns nicht leicht ist, einfach mal jeden Tag ein kleines
Tablettchen zu nehmen und damit sind dann alle Sorgen vom Tisch. Nope liebe
Männer, so einfach ist das nicht, denn das sind Hormone! Die meisten in meinem
Alter (22) nehmen, wie ich, die Pille seit bestimmt schon gut acht Jahren, also
haben mit ca. 15 angefangen die Pille zu nehmen. Zu dieser Zeit hat man seinen
Körper noch nicht mal wirklich kennen gelernt und weiß gar nicht, was man da
denn eigentlich nimmt. „Davon bekommst du keine Kinder!“, heißt es und es ist
schließlich zur Sicherheit und außerdem nimmt das jedes Mädchen jetzt in der
Klasse. Die Ärzte klären einen nicht über Risiken auf und erzählen lieber, dass
man davon größere Brüste bekommt, Pickel kein Thema mehr sind und zunehmen tut
man auch nicht und wenn du deine Tage bekommst, schmerzt nichts mehr! Klingt
doch ganz nett für ein pubertierendes Mädchen, dass jetzt möglichst jedem
gerecht werden möchte, angesehen werden will, den Jungs den Kopf verdrehen
will, auf Partys gehen möchte und dabei selbstverständlich super aussehen will!
Oder? Ich für meinen Teil habe mit 15 Jahren natürlich nicht über irgendwelche
Risiken nachgedacht und auch nicht einen Beipackzettel gelesen. Dass man davon
Thrombose bekommen kann? Och ja, das interessiert niemanden mit jungen 15
Jahren und man denkt sich nichts dabei. Man wird nicht aufgeklärt und
eigentlich und sowieso ist das ja die einfachste Lösung. Dass man davon nicht
nur Thrombose bekommen kann oder sich Blutgerinnsel bilden können ist oft nicht
klar, denn über etwas anderes wird auch nicht offen geredet. Zu diesem
Zeitpunkt beginnen viele zu rauchen und auch der Alkohol wird gut und gerne
genossen. Dass dies Dinge sind, die nicht fördernd sind, wenn man die Pille
nimmt, wissen viele nicht oder es ist ihnen egal. Zweites war bei mir der Fall,
denn wie hoch ist schon das Risiko unter all den Frauen, die die Pille nehmen,
dass es mich trifft? Wer von euch hat sich gerade auch ertappt? Na eben!
Quelle: Neon Magazin, Ausgabe August |
Vor
ein paar Jahren schon war für mich hormonfreie Verhütung DAS Thema und ich
wollte die Pille nicht mehr nehmen. Ich habe viel Schlechtes darüber gelesen…
unterdrückte Gefühle usw. und ich war bereit. Doch mich „quälte“ eine Sache,
denn ich wollte als Alternative keinen Fremdkörper (Kupferspirale z.B.) in mir
tragen. Wenn du aber hormonfrei verhüten möchtest, aber keinen Fremdkörper
willst, gibt es im Grunde nur zwei Möglichkeiten: Kondom oder Temperaturmessung
mittels Computer. Die Temperaturmessung kam für mich nicht in Frage, weil ich
dem nicht traue. Ich sage es, wie ich denke. Man muss jeden Tag um dieselbe Uhrzeit
messen – der Haken für mich: ich fühle mich jeden Tag anders. Mal geht es mir
super, mal bin ich krank, mal dieses und mal jenes, d.h. die Temperatur kann
meiner Meinung nach nie richtig stimmen, denn das Ding kennt meinen aktuellen Zustand
nicht. Und: Computer. Dem vertraue ich schon gar nicht, denn bei dem kann auch
mal was nicht stimmen. Blieb also nur noch die Möglichkeit mit dem Kondom und
naja, kann auch reißen. Das war für mich der Augenblick, wo ich dachte, das kann
doch alles nicht wahr sein, dass ich selbst nicht bestimmen kann, ob oder ob
nicht. Man will ohne Hormone leben, aber wenn man keinen Fremdkörper haben will
funktioniert das nicht unbedingt. Herrlich! Gut, ich hatte beschlossen, das
Thema fürs erste dabei zu belassen, denn ich hatte an sich keine Probleme mit
der Pille. Dachte ich immer, denn von Bauchschmerzen oder Ähnlichem wurde ich
nie geplagt. Dass einen der Mist aber schleichend Jahr für Jahr schlechter
fühlen lässt, merkt man anfangs nicht. Wie gesagt: schleichend und schön
unbemerkt.
Wenn man sich schlecht fühlt, wenn man sich wochenlang am
liebsten nur einsperren will und nicht raus möchte, wenn man keine Lust auf
egal was hat, wenn man nur mehr müde ist, wenn man keinen Stress mehr erträgt,
wenn man mit allem schnell überfordert ist, wenn man einfach tagelang weint,
wenn man schon in der Früh will, dass der Tag bald endet, wenn man nicht mehr
weiß wer man eigentlich ist und was man will, wenn man sich selbst nicht mehr
leiden kann, wenn man nicht schlafen kann, aber am Tag darauf so müde ist, wenn
man nicht mal Lust hat, sich anzuziehen oder sich die Zähne zu putzen, wenn man
merkt, dass die Leute in deinem Umfeld schon genervt von dir sind, du aber
nicht weißt, wieso. Wenn du nicht weißt wieso. Denn um genau das geht es – du weißt
nicht wieso du dich so fühlst oder wieso du nichts mehr fühlst.
Quelle: Twitter |
Und
so ging es mir die letzten Jahre und das ist kein Einzelfall, nope. Mit der Pille
fängt man so früh an, dass sie jegliche Gefühle unterdrückt. Was mir trauriger
Weise schon früh aufgefallen ist, aber ich nichts dagegen unternehmen konnte,
weil es keine Möglichkeit gibt. Was mir auch schon lange aufgefallen ist, dass,
wenn ich eine Pillenpause habe, also meine Periode, an denen so viele Frauen
sich elend fühlen und auch viele Witze darüber gemacht werden, dass Frauen so
mies drauf sind, wenn sie ihre Tage haben, bin ich der glücklichste Mensch
überhaupt. Es geht mir gut, ich habe Lust auf so viele Dinge, ich bin gut gelaunt
(klar, auch mit Ausnahmen!) und fühle mir einfach gut. Mir ist es noch nie
wirklich schlecht gegangen währenddessen und das nur, weil die Pille mal kurz
weg war.
Da ich die Pille schon lange nicht mehr wollte und durch
#mypillstory habe ich seit Wochen wieder zu überlegen begonnen und habe
beschlossen, dass ich die Schnauze tatsächlich endgültig voll habe. Ich habe es
satt, von irgendwelchen Hormonen gesteuert zu werden und ich nicht ich sein
kann. In mir hat sich schon eine richtige Wut angesammelt, die ich jetzt
endlich rauslassen kann und ich bin echt stolz darauf, dass ich gerade
tatsächlich den Mut gefunden habe, dass hier ganz öffentlich zu erzählen. Ich
habe für mich zwar noch nicht die super Alternative gefunden, aber ich kann
nicht mehr nichts tun. Ich kenne viele Storys was danach passiert, vor allem,
dass die Haut eine Katastrophe werden soll und auch die Haare, aber ich bin so
weit, dass ich wissen will, was mit meinem Körper passiert, was mit mir
geschieht und wie ich denn eigentlich wirklich bin? Durch die Pille wird quasi
die Pubertätsphase unterdrückt und genau diese, so heißt es, wird nachgeholt.
Schlechte Haut, fettige Haare, möglicherweise Schmerzen und und und, aber
dennoch muss ich es wissen. Ich habe mich mit Infos bewaffnet und es kann
losgehen.
Da es für viele ebenfalls ein Thema ist, aber sich oft
gerne mal niemand traut, den Schritt zu wagen, werde ich alle paar Monate
wieder berichten, wie es mir geht, was passiert ist und ob es mich wieder in
meine Pubertät verschlagen hat. Denn auch ich hatte Angst, was mit mir nach dem
Absetzen passieren könnte. Ich nehme diese Dinge gerne in den Kauf, wenn ich
mich danach wieder gut fühle!
Und ich wäre nicht ich, wenn ich nicht wieder was im
Petto hätte! Ich möchte euch, die ihr meine Leser seid, nicht nur meine
#mypillstory erzählen, sondern auch andere zu Wort kommen lassen. Ich habe
bereits 2 weitere Frauen gefunden, welche über ihre Story schreiben und diese
werden dann hier auf meinem Blog veröffentlicht. Die nächste #mypillstory gibt’s
also in den kommenden zwei Wochen!
Es ist ein sehr wichtiges Thema und ich finde, es muss
sich niemand dafür schämen, wie er sich fühlt. Wenn auch ihr eure Erfahrungen
teilen wollt, könnt ihr mich wie immer gerne anschreiben – es würde uns alle
interessieren!
Ich versuche für euch wie immer nicht zu ernst zu
schreiben, dennoch ist es ein ernstzunehmendes Thema.
Cheers meine lieben, Magdalena
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